Besuch bei einem Toten
Wien, im Februar 1945. Die Stadt ist in vier Besatzungszonen geteilt: eine russische, eine französische, eine englische und eine amerikanische. Nachts dreht eine internationale Patrouille der Besatzungsmächte ihre Runden. Der Schnee fällt in dichten Flocken auf die Ruinen und den zerstörten Prater, als der Brite Rollo Martins in der Stadt eintrifft. Martins schreibt unter einem Pseudonym billige Wildwestromane. In Wien will er seinen alten Schulfreund Harry Lime besuchen und einige Frauengeschichten der unangenehmeren Art vergessen. Doch als er am Flughafen ankommt, erwartet ihn eine Enttäuschung: Lime ist nicht da, um ihn abzuholen. Martins nimmt einen Bus zum Hotel Astoria, wo ihn eine Nachricht von einem gewissen Mr. Crabbin erreicht: Er solle bitte im Hotel warten, bis man sich mit ihm in Verbindung setze. Martins ignoriert die Nachricht und nimmt sich ein Taxi zur Wohnung von Harry Lime. Dort erfährt er von einem griesgrämigen Nachbarn, Herrn Koch, dass Lime bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei und soeben beerdigt werde. Sofort begibt sich Martins zum Zentralfriedhof und wird Zeuge der Beisetzung. Nach der Beerdigung heftet sich Polizeiinspektor Calloway von Scotland Yard an seine Fersen. Er spendiert Martins einige Drinks in einer ruhigen Bar. Martins erzählt ihm, dass er und Lime bereits in der Schule dicke Freunde waren, worauf Calloway eröffnet, dass Lime – wäre er nicht gestorben – für lange Zeit wegen Schiebung (Betrügerei) und Mordes hinter Gitter gewandert wäre. Martins reagiert aggressiv und nimmt seinen Freund in Schutz: Lime habe niemals einen Mord begangen und er, Martins, werde das beweisen. Calloway lässt ihn für die Nacht ins Hotel Sacher bringen. Er möchte, dass Martins am folgenden Tag nach London zurückfliegt. Der aber weigert sich.
Ein Zeuge meldet sich
Im Hotel stößt Martins auf Mr. Crabbin, der ihm das Telegramm geschickt hat. Dieser junge Mann mit Hornbrille hält ihn irrtümlich für einen großen Literaten und bittet ihn, bei einer Diskussionsrunde die Eröffnungsrede zu halten. Rollo Martins erhält etwas Geld und ein Zimmer für eine Woche. Von Crabbin erfährt er, dass Harry Lime eine Freundin hatte, die Anna Schmidt heißt und Schauspielerin ist. Mitten in der Nacht wird Martins vom Läuten des Telefons geweckt. Der Anrufer, ein gewisser Herr Kurtz, gibt an, ein Freund von Lime gewesen zu sein, und schlägt Martins ein Treffen in einem Kaffeehaus vor. Am nächsten Tag treffen sich die beiden. Martins fällt sofort auf, dass Kurtz eine Perücke trägt. Zu seinem Erstaunen erfährt Martins, dass Kurtz bei dem Verkehrsunfall dabei gewesen ist. Er sei mit Lime aus dessen Wohnhaus gekommen, als dieser auf der anderen Straßenseite einen amerikanischen Bekannten namens Cooler erkannt habe. Ohne auf den Verkehr zu achten, sei er über die Straße gelaufen und dabei von einem um die Ecke kommenden Jeep erfasst worden. Lime sei nicht sofort tot gewesen und habe Kurtz gebeten, sich um Martins zu kümmern. Martins argwöhnt, dass Kurtz etwas mit Limes Tod zu tun hat, und sagt rundheraus, dass an der Geschichte etwas faul sei. Offenbar weiß Kurtz mehr darüber und ist bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Er gibt Martins Coolers Adresse.
Die Nachforschungen beginnen
Nach der Nachmittagsvorstellung sucht Martins Anna Schmidt im Josefstädter Theater auf. Sie ist erschüttert über Limes Tod. Als Martins ihr sagt, dass die Polizei Lime für einen Schieber hält, erwidert sie, derzeit sei jeder in Wien ein Schieber. Anna gibt ihm die Adresse von Limes Hausarzt, der auch den Tod festgestellt hat. Also sucht Martins Dr. Winkler auf, dessen Aussehen überaus adrett ist. Dr. Winkler sei erst am Unfallort eingetroffen, als Lime schon tot war. Von den anderen Herren habe er aber erfahren, dass Lime noch kurz bei Bewusstsein gewesen sei. Martins überlegt, ob er noch einmal zu Harry Limes Nachbar gehen soll, der den Unfall gesehen hat, oder direkt zu Cooler. Er entscheidet sich für den Nachbarn – und besiegelt damit unwissentlich den Tod zweier Menschen ...
„Hier direkt vorm Haus ist’s passiert - er war sofort tot. Das Auto hat ihn mit dem rechten Kotflügel an der Schulter erwischt und umgefahren wie einen Hasen.“ (Herr Koch, S. 18)
Der Nachbar Herr Koch ist beim zweiten Zusammentreffen mit Martins besserer Laune. Er berichtet, er habe den Unfall zwar nicht direkt beobachtet, habe aber das Auto bremsen hören und gerade noch gesehen, wie ein Mann ins Haus getragen wurde. Als Oberaufseher in einer Leichenhalle habe er gleich erkannt, dass der Mann bereits tot war. Allerdings habe er der Polizei nichts davon gesagt, denn er wollte sich nicht einmischen. Außerdem seien drei Männer bei dem Toten gewesen, den Fahrer des Wagens nicht mitgerechnet, denn der sei überhaupt nicht ausgestiegen. Beschreiben könne er die Herren jedoch nicht, er wisse nur, dass einer eine Perücke getragen habe. Als Martins den Verdacht ausspricht, sein Freund sei ermordet worden, wird Herr Koch ärgerlich und drängt ihn aus der Wohnung. Mit so etwas wolle er nichts zu tun haben.
„Aber ich möchte mit Ihnen eine Wette eingehen - in Pfund Sterling - fünf Pfund gegen zweihundert Schilling -, dass an Harrys Tod etwas faul ist.“ (Martins zu Kurtz, S. 40)
Nach dem Studium der Polizeiakten von Harrys Fall sucht Rollo Martins den anderen Unfallzeugen, Mr. Cooler, gegen fünf Uhr in dessen Wohnung im amerikanischen Sektor auf. Cooler ist ein sehr angenehmer Mann mit gütigen Augen. Er berichtet Martins den Unfallhergang aus seiner Sicht. Außer ihm und Kurtz sei niemand dabei gewesen. Als Martins erklärt, ein Zeuge habe gesehen, dass Lime sofort tot gewesen sei, sagt Cooler: „Es ging mit ihm zu Ende“, was ja auf dasselbe hinauslaufe. Er habe Anna Schmidt, die Ungarin sei und deren Vater als Nazi gelte, geholfen, neue Papiere zu bekommen. Auf Martins’ Frage, ob Harry in Schiebereien verwickelt gewesen sei, gibt Cooler eine klare Antwort: Auf keinen Fall! Lime sei ein aufrechter Mensch gewesen.
Ein Zeuge wird ermordet
Nach dem Besuch bei Cooler begibt sich Rollo Martins zu Anna Schmidts Wohnung. Sie gesteht, dass sie sich einsam fühlt, und bittet Martins, ihr etwas über Harry Lime zu erzählen. Er spricht sehr lange und bemerkt irgendwann plötzlich, dass er Annas Hände hält und im Begriff ist, sich in sie zu verlieben. Martins erzählt ihr von seinen Gesprächen mit Koch, Kurtz und Cooler. Anna findet Kochs Beobachtung von der Anwesenheit eines dritten Mannes sehr interessant. Sie folgert daraus, dass Cooler und Kurtz gelogen haben. Gemeinsam gehen sie zu Koch. Vor dem Haus treffen sie auf eine große Menschenmenge. Dann der Schreck: Koch ist ermordet worden. Es wimmelt von Polizisten, und angeblich wird ein Ausländer verdächtigt. Martins gibt sich Anna gegenüber zuversichtlich, doch er hat Angst, denn Koch wusste weniger als er selbst. Weil er fürchtet, dass ihm der Mord in die Schuhe geschoben werden könnte, macht er sich, auf Verfolger lauschend, rasch auf den Weg zurück ins Hotel Sacher.
Die literarische Diskussion
Plötzlich wird er von einem britischen Militär in einen Jeep gedrängt. Die Fahrt geht durch das nächtliche Wien. Auf Martins’ Frage wohin bekommt er nur eine gegrunzte Antwort. Endlich hält der Fahrer, geht Martins voran zu einem Haus und klingelt. Mr. Crabbin öffnet und ist erfreut, Martins – den er immer noch für einen berühmten Dichter hält – endlich zu sehen. Dieser befindet sich auf einer Party, wo er eine Dis-kussionsrunde zu seiner Arbeit als zeitgenössischer englischer Schriftsteller leiten soll. Er klärt die Verwechslung abermals nicht auf. Seine Gedanken sind noch bei dem Toten, weshalb er nur einsilbige Antworten gibt. Auf die Frage nach dem Titel seines neuesten Buchprojekts meint er lakonisch: „Der dritte Mann.“ Die weiteren Fragen und das Gebaren von Crabbin reizen ihn so, dass er als persönlichen Lieblingsschriftsteller einen Verfasser von Wildwestromanen nennt. Dies jedoch macht einen unglaublichen Eindruck auf sein Publikum: Nur wer eine wirklich wichtige Persönlichkeit ist, kann sich so etwas erlauben! Während er noch die Bücher des Schriftstellers signiert, mit dem man ihn verwechselt, sieht er einen Militärpolizisten kommen und verlässt fluchtartig die Wohnung. Nach einem unheimlichen Moment in einem dunklen Raum läuft er Calloways Fahrer Paine direkt in die Arme.
Das Verhör
Martins wird zu Calloway gebracht und verhört. Dieser tut so, als könne Martins Kochs Mörder sein, um ihm weitere Informationen zu entlocken. Er erzählt ihm auch, dass Cooler sofort nach Martins’ Besuch die englische und die österreichische Polizei ver-ständigt habe. Dann aber beginnt Calloway Martins zu trauen und erklärt ihm, in welche Art Geschäfte Harry Lime verwickelt war: Er hat illegal mit Penicillin gehandelt. Und noch schlimmer: Um den Gewinn zu erhöhen, hat er das Penicillin mit Sand und gefärbtem Wasser gestreckt. Die mit dem gestreckten Penicillin Behandelten wurden gegen dessen Wirkung immun und wegen sandverschmutzter Wunden mussten Gliedmaßen amputiert werden. Mehrere Kinder starben oder verloren den Verstand. Durch einen eingeschleusten Mittelsmann konnte die Polizei Harry Limes Beteiligung an dem schmutzigen Geschäft nachweisen. Zum Beweis hält Calloway Martins ein Schriftstück unter die Nase: Es ist die Antwort auf ein Schreiben des Mittelsmanns und trägt unverkennbar Harrys Handschrift. Als Rollo Martins dies erkennt, sieht er seinen Schulfreund in einem anderen Licht. Eine Welt bricht für ihn zusammen.
Ein Toter kehrt zurück
Nachdem er sich gehörig betrunken hat, macht sich Martins auf den Weg zu Anna. Gegen drei Uhr nachts klopft er bei ihr. Anna reagiert gelassen auf die Enthüllung, dass Lime das Leben unschuldiger Kinder auf dem Gewissen habe. Sie liebe Harry trotzdem noch. Schließlich sagt Rollo Martins ihr verärgert, dass er sich in sie verliebt habe, und verlässt das Haus. Unten auf der Straße sieht er eine untersetzte Gestalt. Er fragt den Fremden, ob er etwas von ihm wolle. Doch der Schatten schweigt. Als er ein zweites Mal fragt, zieht jemand einen Fenstervorhang zur Seite und Licht fällt auf das Gesicht des Fremden. Es ist Harry Lime. Martins, der sich fragt, ob es am Alkohol liegt oder ob er Gespenster sieht, folgt dem Mann. Doch der verschwindet hinter einer Litfaßsäule und kommt nicht mehr zum Vorschein.
„Aber Rollo, der als Rollo nun einmal nicht anders konnte, entschied sich, eine Münze zu werfen, und die Münze fiel so, dass er den anderen Schritt tat und zwei Menschen sterben mussten.“ (S. 52)
Verstört kehrt Martins zu Annas Wohnung zurück. Doch sie ist nicht mehr da: Russische Soldaten sind in der Zwischenzeit unbefugt in die britische Zone eingedrungen und haben Anna trotz des Protestes der alliierten Patrouille mitten in der Nacht verhaftet. Ein britischer Soldat, Mitglied der Patrouille, schaltet Calloway ein, der es schafft, Anna auf dem Weg zum russischen Hauptquartier aus dem Auto zu befreien. Martins berichtet Calloway von Harry Limes Auftauchen und sie fahren gemeinsam zu besagter Litfaßsäule. Diese verfügt erstaunlicherweise über eine Tür, die direkt in das unterirdische Kanalnetz Wiens führt. Wer sich dort auskennt, kann an jeder Stelle der Stadt wieder auftauchen. Calloway vermutet, dass Harry Lime sich in der russischen Zone versteckt und deshalb versucht hat, Anna dorthin bringen zu lassen. Martins beschließt, Kurtz aufzusuchen. Er will, dass dieser ein Treffen mit Lime am Riesenrad im Prater arrangiert. Er wolle dort zwei Stunden auf ihn warten.
„Nach neun Uhr waren die Straßen menschenleer, und Martins wandte sich jedes Mal um, wenn er hinter sich gedämpfte Schritte vernahm, als ob dieser dritte Mann, dessen Geheimnis seine Freunde so unbarmherzig hüteten, ihm wie ein Henker folgte.“ (S. 73)
Beim Riesenrad harrt Martins geduldig aus. Fast will er schon aufgeben, da hört er, wie jemand eine vertraute Melodie pfeift – Harrys Melodie. Harry erscheint, begrüßt seinen alten Freund Martins und dirigiert ihn in eine der Riesenradkabinen. Martins’ Anklagen lassen Lime kalt: Der Totgeglaubte berichtet abgebrüht, wie viel er mit dem gestreckten Penicillin verdienen konnte und wie wenig ihm die Opfer wert sind. Auch zwei weitere Fragen beantwortet Lime freimütig: In seinem Grab liege statt seiner selbst der von der Polizei eingeschleuste Mittelsmann. Und Anna sei verhaftet worden, weil sie gefälschte Papiere habe und Lime den Russen als Gegenleistung für seine Duldung ab und zu einen Tipp geben müsse. Zum Abschied sagt Lime, Martins könne ihn jederzeit über Kurtz erreichen.
Showdown im Kanalsystem
Als Martins Anna mitteilt, dass Harry am Leben ist, weint sie und wünscht sich, er wäre tot. Martins ist von seinem alten Freund derart enttäuscht, dass er Calloway verspricht, bei der Verhaftung zu helfen. Er geht zu Cooler, um Kontakt mit Harry aufzunehmen. Martins wartet in einem Café in der Nähe einer Litfaßsäule, die ein weiterer Eingang in das Kanalsystem ist. Lime soll aus der russischen Zone, in der die anderen Besatzungsmächte keinen Einfluss haben, herausgelockt werden. Nachdem Martins einen Ersatzkaffee nach dem anderen getrunken hat, ruft er Calloway an. Just in diesem Augenblick betritt Lime das Café, sieht seinen Freund telefonieren, riecht Lunte und verlässt auf der Stelle das Lokal. Blitzschnell verschwindet er im Abwassersystem. Martins und ein Polizist verfolgen ihn. Harry schießt dem Beamten die Taschenlampe aus der Hand. Als Martins ihm zuruft, er solle sich ergeben, schießt Harry erneut, und der Polizist bricht tot zusammen. Weitere Polizisten dringen in die Kanalisation ein, Lime springt in den Hauptkanal und wird von den Fluten mitgerissen. Martins schießt auf ihn, trifft und folgt dem fortgespülten Körper. Als er den verletzten Lime findet und sieht, wie er sich quält, gibt er dem alten Freund den Gnadenschuss.
„Dieser Schwarzhandel funktionierte eine Weile recht munter. Gelegentlich wurde ein Sanitäter ertappt und bestraft, aber die Gefahr erhöhte einfach den Preis des Penicillins. Dann aber wurde die Sache organisiert: Die Großen sahen das große Geld, das damit zu verdienen war.“ (S. 86 f.)
Bei Limes zweitem Begräbnis gibt Calloway zu, dass er sich in Martins getäuscht habe. Für den wiegt der Verlust des Freundes aber schwerer als der Triumph. Nach dem Begräbnis folgt er Anna, die ihre Hand in seinen Arm legt.
Nachkriegszeit in Österreich
Freitag, der 13. August 1943, war ein schwarzer Tag in der Geschichte Wiens. Die Stadt erlebte den ersten Luftangriff der Alliierten. Von Nordafrika aus machten sich Bomber daran, die in Wien stationierten Messerschmidt-Flugzeuge unter Beschuss zu nehmen. Am Ende des Krieges glich Wien einem Schlachtfeld, von 50 000 Bomben in Schutt und Asche gelegt. Tausende von Bombentrichtern prägten das Stadtgebiet, Brücken waren zerstört, Kanäle, Gas- und Wasserleitungen beschädigt. Und die Nachkriegszeit hielt für Wien noch ein besonderes Schicksal bereit: Im April 1945 besetzten die Sowjets die östlichen Gebiete Österreichs inklusive Wien. Es blieb nicht beim Einmarsch der sowjetischen Truppen. Österreich sollte das gleiche Schicksal auferlegt werden wie Deutschland: Nach dem Einmarsch amerikanischer, britischer und französischer Truppen im Mai 1945 verständigten sich die Siegermächte über die Verwaltung des Landes und seiner Hauptstadt. Das erste Kontrollabkommen vom 4. Juli 1945 sah den Alliierten Kontrollrat als oberste Regierungsgewalt für Österreich vor. Das ganze Land wurde in Besatzungszonen aufgeteilt. Wien wurde ähnlich wie Berlin in vier Sektoren unterteilt, die so genannte Innere Stadt wurde von allen vier Siegermächten als „Interalliierte Zone“ gemeinsam verwaltet. Im Januar 1947 nahm die österreichische Regierung erstmals Gespräche darüber auf, die Besatzung Österreichs zu beenden. Erfolg hatte sie aber erst acht Jahre später: Am 15. Mai 1955 unterzeichneten die Siegermächte den Österreichischen Staatsvertrag und Österreich war – mit dem Versprechen der „immerwährenden Neutralität“ – wieder souverän.
Entstehung
Der Roman, der als Vorlage für das Drehbuch zum Film Der dritte Mann diente, entstand innerhalb von nur acht Wochen, von Anfang März bis Ende April 1948. Allerdings gingen dem Schaffen entsprechende Vorarbeiten voraus. Greene hatte bereits Jahre zuvor einen Romananfang auf einen Briefumschlag skizziert: „Vor einer Woche hatte ich für immer Abschied von Harry genommen, als sein Sarg in die im Februarfrost erstarrte Erde hinabgelassen wurde.“ Diesen zugegeben noch etwas dürftigen Anfang präsentierte Greene dem Produzenten Alexander Korda, als dieser ihn einlud, ein Drehbuch für einen Film des englischen Regisseurs Carol Reed zu schreiben. Wichtigste Vorgabe Kordas war, dass die Geschichte im besetzten Wien spielen sollte. Greene machte sich also an die Verfassung des Romans. Wie er selbst betonte, brauchte er zunächst eine klar ausgeformte Erzählung, um daraus dann das Filmskript zu verfertigen. Er wollte immer noch ein wenig mehr Material in der Hinterhand haben, als sich schließlich im Drehbuch niederschlagen würde. Der Clou der Handlung bereitete Greene aber einiges Kopfzerbrechen. Bei einem Besuch des bombenzerstörten Wien kam ihm bei einem Drink in der Casanova-Bar hinter dem Stephansdom der entscheidende Einfall. Ein britischer Soldat berichtete ihm von den krummen Geschäften der Penicillin-Mafia und davon, dass vor allem kleine Kinder auf das wertvolle Antibiotikum angewiesen seien. Der Dreh- und Angelpunkt der Story war gefunden. In Zusammenarbeit mit Carol Reed ging Greene jede Seite des Romans durch, und das Drehbuch entstand.
Wirkungsgeschichte
Der dritte Mann erschien 1949 erstmalig in einer Kurzfassung im American Magazine und als Fortsetzungsgeschichte im Daily Express. 1950 kam das Werk dann als Buch heraus. Greene selbst schrieb im Vorwort: „Tatsächlich ist der Film besser als die Erzählung, denn er stellt in diesem Fall die endgültige Fassung der Erzählung dar.“ Da sich der Film als echter Kassenschlager entpuppte, ist es fast unmöglich, die Wirkung von Roman und Film voneinander zu trennen. Einige Rezensenten der Filmversion unternahmen dann doch den Versuch, Buch und Film zu vergleichen, und kamen meist zu einem niederschmetternden Ergebnis für den Roman. Für die filmische Umsetzung wurde er durch die redaktionelle Mangel gedreht: Etliche Streichungen und Veränderungen wurden angebracht. So stieß sich Joseph Cotten an dem seiner Meinung nach homosexuell klingenden Vornamen „Rollo“, der für den Film in „Holly“ geändert wurde. Als besonderer Erfolgsfaktor sollte sich die Filmmusik erweisen. Hierfür verpflichtete Carol Reed den Zitherspieler Anton Karas, der etliche von Reeds Heurigenbesuchen in Wien begleitet hatte. Karas gab dem Film mit seinen unvergesslichen Zithermelodien nicht nur eine ureigene österreichische Note, sondern auch einen spannungsfördernden und höchst originellen Soundtrack.
Am 3. September 1949 kam der Film in die britischen Kinos und am 6. Januar 1950 in die westdeutschen. Erst im März kam der Streifen auch in Österreich heraus und wurde mit großem Marketingaufwand angekündigt („Wer den dritten Mann findet, kann gewinnen!“). Der Film brach alle Rekorde und konnte mehrere wichtige Preise einheimsen: Ein Oscar für den Kameramann Robert Krasker und der Große Preis des Festival de Cannes waren darunter. Im September 1999 wurde er gar vom British Film Institute zum besten britischen Film aller Zeiten gewählt. Der dritte Mann gehört heute zu den Klassikern des Film noir, sein Spannungsaufbau wurde für zahlreiche andere Filme dieses Genres zum Vorbild.